Mit €480 Mrd. verwaltetem Vermögen, was ungefähr 15-16% Anteil am gesamten Anlagevermögen der relevanten vermögenden Privathaushalte in Deutschland entspricht, sind die Vermögensverwalter ein echtes Schwergewicht im deutschen Wealth Management Markt. Der uVV-Markt wächst zudem voraussichtlich um ~8% p.a. bis 2029 auf ~€750 Mrd.
Der uVV-Markt ist sehr fragmentiert mit vielen kleinen und mittelgroßen Anbietern, die vorhergesagte Konsolidierungswelle ist aber bisher nur langsam angelaufen. Jedoch werden die dringliche Nachfolgersuche (viele Geschäftsführer bzw. Eigentümer nähern sich dem Rentenalter), der steigende Kosten- und Ertragsmargendruck durch regulatorische Anforderungen, sowie der Digitalisierungsbedarf und die Implikationen durch KI zunehmend stärkeren Konsolidierungsdruck ausüben. Zudem steigt das Interesse externer (Private Equity) Investoren, was die Konsolidierungsaktivität weiter erhöhen wird.
Die Anzahl der Lizenzen geht zurück: während einige uVV ihre Kundenbücher gegen Ertragsbeteiligung abgeben oder sich Haftungsdächern anschließen, steigt die Zahl der Transaktionen bei mittelgroßen und großen uVV durch Fusionen oder Verkäufe an Konsolidierer deutlich an. Bis 2020 lag die durchschnittliche Anzahl jährlicher Transaktionen unter 3, in den letzten fünf Jahren stieg sie auf durchschnittlich über 7 p.a., 2022 sogar auf 12. Ein vereinfachtes 5-Jahres-Szenario konstanter Konsolidierung (vgl. die letzten 5 Jahre) zeigt jeweils mehr als eine Verdopplung der Anzahl der großen uVV mit €2,5-5 Mrd. AuM und derer mit €5-10 Mrd.. Zudem gibt es einen weiteren „super uVV“ mit mehr als €10 Mrd. AuM. Sprich, selbst bei gleichbleibender Konsolidierungsdynamik bis 2029 sehen sich Privatbanken einem stärkeren Wettbewerb gegenüber, sowie Depotbanken deutlich stärkeren Partnern.
Exkurs: Wichtige uVV-Partner, insbesondere Depotbanken, stehen unter Druck, der bereits durch Geschäftsaufgaben und Konsolidierung sichtbar wird. Größere uVV können ihre Preismacht besser nutzen und zusätzliche Anforderungen an digitale Schnittstellen und Services stellen. Hinzu kommen steigende technische und regulatorische Anforderungen an automatisierte Anlage- und Verwaltungsdienstleistungen mit nahtloser Nutzererfahrung. Internationale Anbieter ziehen sich zurück (z.B. CS, HSBC). Einige Privatbanken verlassen das uVV-Depotbankgeschäft aufgrund der Herausforderungen dieses parallel zum klassischen Wealth Management Geschäft zu betreiben (z.B. Berenberg, Donner & Reuschel).
Wachstumsaussichten für den Deutschen uVV-Markt
Der uVV-Markt ist mit einem Anteil von ~16% am Anlagevermögen (inkl. Einlagen) aller Privathaushalte mit Vermögen >300 Tsd. ein signifikanter und attraktiver Teil des deutschen WM-Marktes. Der uVV-Markt in Deutschland ist in den letzten Jahren mit 9% p.a. gewachsen und wird dieses Momentum voraussichtlich weiter beibehalten (ca. 8-9 % p.a. 2024-2029) dank starker makroökonomischer Rahmenbedingungen, einer steigenden Vermögensbildung bei vermögenden Privatpersonen und dem einhergehenden Bedarf nach unabhängiger Beratung, die professionelle Vermögensverwaltungsleistungen bereitstellt (wir gehen von einem Treiberverhältnis von ~45% des Wachstums durch Wertzuwachs und ~55% durch Netto-Neugeld aus).
Folglich wird erwartet, dass der Markt bis 2029 ein verwaltetes Vermögen von ~ €750 Mrd. erreichen wird, im Vergleich zu etwa €480 Mrd. heute.
Zu diesem Wachstum trägt die Wertsteigerung etwa 4-5 % p.a. bei, stark getrieben durch die Erwartung kontinuierlich wachsender Aktienmärkte (die weiterhin den Großteil der uVV-Kundenportfolien ausmachen). Der Zufluss von Neugeldern bleibt ebenfalls stetig bei den bisherigen 4-5% p.a., gesichert durch eine starke Kundenbindung, die Aufstockungen sichert (speziell bei vermehrten Cash-Events der alternden Kunden wie Pensionsauszahlungen) und explizitem Fokus auf Neukundengewinnung aller zukunftsorientierten uVV.
Treiber der Konsolidierung im uVV-Markt
Die Konsolidierung im deutschen Vermögensverwaltungsmarkt läuft zwar schleppender an als erwartet, trotzdem erwarten wir eine Verstärkung der Dynamik. Speziell getrieben durch eine Kombination von wachsenden Nachfolgeherausforderungen, Kostendruck infolge verschärfter regulatorischer Anforderungen und dem erhöhten Bedarf an Digitalisierung. Diese Faktoren zwingen bereits heute unabhängige Vermögensverwalter dazu, Konsolidierungslösungen zu suchen, und werden dies in den nächsten 5 Jahren vermehrt tun, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben.
Wachsende Nachfolgeherausforderung
Die meisten uVV-Unternehmen wurden vor über 20 Jahren gegründet. Die ursprünglichen Gründer überschreiten das Rentenalter und suchen aktiv nach Nachfolgelösungen. Aufgrund des demografischen Wandels und komplexer Unternehmensstrukturen gestaltet sich die Suche nach geeigneten Nachfolgern zunehmend schwierig. Viele Unternehmer haben ihr Geschäft über das eigentliche Rentenalter hinaus fortgeführt, stehen nun aber vor der dringlichen Notwendigkeit, eine Nachfolge zu realisieren. In Firmen mit nur einem Berater, typischerweise der Geschäftsführer, beträgt das durchschnittliche Alter bereits 60 Jahre. Und auch in Firmen mit 2-3 Beratern liegt es bereits bei Mitte 50 (laut InVV Studie). Entsprechend ist dieser Aspekt heute einer der stärksten Transaktionstreiber im Markt.
Kostendruck aufgrund steigender regulatorischer Anforderungen und Kontrollen
Die regulatorischen Auflagen haben sich in den letzten Jahren deutlich verschärft, z. B. durch i) Jahresabschlüsse, Berichterstattung/Offenlegung bezüglich Transparenz und Verbraucherschutz (getrieben durch MiFID II), ii) Geldwäschebekämpfung (AML) und Compliance (IFD/IFR und MiFID II), iii) steigende Nachhaltigkeitsstandards (ESMA und Offenlegungspflichten) und neue Regulierungen wie iv) Digital Operational Resilience Act (DORA), was zu einem stark erhöhten Aufwand und regulatorischen Druck auf uVV führt. Insbesondere kleinere Vermögensverwalter können die damit verbundenen Compliance-Kosten und den administrativen Aufwand kaum alleine stemmen, was die Konsolidierung vorantreibt.
Steigende Kosten und Investitionsanforderungen durch wandelnde Kundenbedürfnisse und Digitalisierung sowie Chancen durch KI
Kunden erwarten heute zunehmend digitale, flexible und individuell zugeschnittene Dienstleistungen. Dies umfasst moderne Anlageprodukte (z.B. Private Markets), innovative Nachfolgeberatung sowie digitale Zugangs- und Kommunikationskanäle (Apps, Robo-Advisors, KI-gestützte Analysen). uVV müssen hohe Investitionen in Technologie, Personal und Prozesse tätigen, um diese gesteigerten Kundenbedürfnisse hinsichtlich digitaler Services zu erfüllen.
Der Kostendruck wird sich mittelfristig in der Ertragsmarge niederschlagen, da die Umsatzmarge erwartungsgemäß stabil bleibt. Nun bietet KI bisher ungenutzte Chancen, zur Verbesserung der Beratungsprozesse und Inhalte (z.B. Verbesserung der Analysefähigkeiten von Marktentwicklungen), und zur Reduktion von administrativem Aufwand und Befreiung von Beraterzeit. KI-Maßnahmen können laut Experteninterviews über 10% Kosteneinsparungen in den nächsten 5 Jahren ausmachen und können nun durch die nun anstehende Verjüngung der Belegschaft eher umgesetzt werden. Allerdings erfordert die Hebung des Potenzials Investitionen und veränderte Kompetenzen. Für kleinere Vermögensverwalter ist dies wirtschaftlich oft nicht darstellbar, wodurch sich der Druck zur Konsolidierung erhöht.
Transaktionen und Konsolidierungsszenarien
Im Markt sind drei Hauptarten der Konsolidierung beobachtbar: Verkäufe an Konsolidierer, Fusionen zweier uVV und, etwas weniger relevant, Beitritte zu Dachgesellschaften. Insbesondere führen Fusionen und sich wiederholende Konsolidierungen zu immer größeren einzelnen Unternehmen die zunehmend „auf Augenhöhe“ mit den Privatbanken agieren und mit gebündelter Marktmacht gegenüber Partner- und Depotbanken auftreten. Man kann diese Entwicklung bereits beobachten und wir erwarten mindestens eine Fortsetzung, eher eine Verstärkung des Trends, da zu den Treibern der Konsolidierung zusätzlich anteigendes Private Equity Interesse hinzukommt.
Seit einigen Jahren beobachten wir bereits eine Steigerung der Anzahl Transaktionen, die durch einzelne Merger und Private-Equity-Investitionen vorangetrieben wird. Die M&A-Aktivitäten stiegen von maximal 5 Transaktionen p.a., durchschnittlich 3, in den Jahren bis 2020 auf einen Höchststand von 12 Transaktionen im Jahr 2022, im Schnitt 7 Transaktionen p.a. über 5 Jahre. Hier enthalten sind mehrere Übernahmen der Konsolidierer Cinerius und HRK Lunis . Außerdem gibt es eine große Dynamik unter den kleineren uVV (bis ca. €250 MM AUM) bei denen insbesondere im Rahmen der Nachfolgeplanung, Übertragungen an andere uVV erfolgen, wodurch diese „lautlos“ aber sprunghaft wachsen. Es erfolgen weiterhin Neugründungen, meist durch erfahrene Bankberater, die das klassische Bankgeschäft verlassen, und neue Lizenzen werden gegeben. Die neuen Lizenzen sind eher im kleineren AuM-Bereich zu verorten und können den Rückgang der Anzahl an Lizenzen nicht kompensieren (Quelle: Private Banking Magazin).
Berechnen wir ein vereinfachtes 5-Jahres-Szenario, basierend auf gleichbleibender Konsolidierung vis-a-vis der Historie der letzten 5 Jahre (7 Transkationen p.a. zu ungefähr durchschnittlicher Transaktionsgröße der berücksichtigten Transaktionen der letzten Jahre (~€700 Mio. AuM)), zeigt sich hier jeweils mehr als eine Verdopplung (>210-15%) der Anzahl der großen uVV mit €2,5-5 Mrd. AuM und derer mit €5-10 Mrd.. Zudem gibt es einen weiteren „super uVV“ mit mehr als €10 Mrd. Es ist anzumerken, dass ungefähr die Hälfte dieses Anstiegs durch organisches Wachstum der uVV (~8% p.a.) erklärt ist und die andere Hälfte durch Transaktionen.
In einem Szenario mit einer verstärkten Konsolidierungswelle (hier 12 Transaktionen p.a.) wären diese Zahlen noch höher, Wachstum der Anzahl großer uVV mit €2,5-5 Mrd. AuM und derer mit €5-10 Mrd. um über 250% Prozent, und ein „super uVV“ größer €20 Mrd. mehr.
Bemerkenswert insgesamt: selbst bei gleichbleibender Konsolidierungsdynamik bis 2029 sehen sich Privatbanken einem deutlich stärkeren Wettbewerb gegenüber, speziell die „super uVV“, sowie Depotbanken stärkeren Partnern in der Breite.
Exkurs: Konsolidierung der Depotbanken
Die steigende Komplexität des Geschäftes und gesteigerte Anforderungen der uVV sind bereits heute auch im Depotbankenmarkt durch Geschäftsbeendigungen und Konsolidierungen zu sehen.
Die uVV erwarten von ihren Depotbankenpartnern als B2B-Dienstleister zunehmend ein Full-Service-Angebot entlang ihrer gesamten Wertschöpfungskette: Dies umfasst nicht nur die Kerndienstleistungen Verwahrung und Beschaffung, sondern auch Mehrwertservices. Die uVV wollen dem gemeinsamen Endkunden umfassende Services effizient anbieten können und ihre Depotbank soll sie dazu in die Lage versetzen.
Diese steigenden Anforderungen verlangen von den Depotbanken als Erbringer der Serviceleistungen einen hohen Digitalisierungs- und Automatisierungsgrad von Ende-zu-Ende-Prozessen. Sie reichen von einer vollständig digitalen Depoteröffnung bis hin zum Zugang zu Echtzeit-Portfoliodaten. Mit einer offenen Plattformarchitektur sollen die Depotbanken sicherstellen, dass sie die uVV sowie weitere externe Partner (z.B. für Portfoliomanagementsysteme) über standardisierte und moderne API-Schnittstellen schnell und flexibel anschließen können.
Nicht zuletzt sehen sich die uVV einem veränderten Endkundenverhalten gegenüber: es werden nicht nur digitale Schnittstellen erwartet, sondern die Endkunden sind aus anderen Lebensbereichen mit technologischen Angeboten wie State-of-the-Art Web- und Mobile-Banking Lösungen sozialisiert. Diese Erwartung trifft in der Konsequenz auch die Depotbanken, die diese Angebote vorhalten und weiterentwickeln müssen.
Die technische und regulatorische Komplexität, alle Dienstleistungen auf einer einzigen Plattform anzubieten, stellt Depotbanken jedoch vor Herausforderungen. Die erforderlichen Investitionen in IT-Infrastruktur, Datensicherheit und Compliance sind hoch und können gerade für mittelgroße und kleinere Banken bzw. kleinere Geschäftsbereiche innerhalb Bankengruppen wirtschaftlich kaum realisiert werden.
Die Konsequenz ist bereits am Markt zu beobachten, internationale Anbieter ziehen sich vermehrt zurück und veräußern ihr Geschäft ( z.B. Credit Suisse und HSBC). Banken mit eigenem Wealth Management erkennen die steigenden Komplexitäten des uVV-Depotbank-Geschäfts, welches nicht optimal mit dem klassischen Private Banking harmoniert, und verlagern das uVV-Depotbankgeschäft innerhalb der Gruppe oder verkaufen, um sich ganz zurückzuziehen (z.B. Bankhaus Metzler, Berenberg).