Deutsche Autoindustrie droht bis 2030 über zwölf Millionen produzierte Fahrzeuge und 200.000 Arbeitsplätze zu verlieren
9. September 2025
München – Laut einer aktuellen Studie der globalen Strategieberatung Oliver Wyman, einem Unternehmen von Marsh McLennan (NYSE: MMC), bedrohen hohe Zölle, zunehmende geopolitische Spannungen sowie deutliche Nachfrageschwankungen bis 2030 mehr als zwölf Millionen in Deutschland produzierter Fahrzeuge – und damit mehr als 200.000 Arbeitsplätze in der Automobilindustrie.
Besonders hart trifft es deutsche Hersteller: Obwohl ihr Marktanteil weltweit nur 15 Prozent beträgt, entfällt ein Viertel des erwarteten Rückgangs auf sie. Grund dafür sind unter anderem eine im internationalen Vergleich geringere Flexibilität in Produktion und Lieferketten, ein exportorientiertes Geschäftsmodell sowie ein höheres Kostenniveau am Standort Deutschland. In der Folge könnte dies im Jahr 2030 einen Ergebnisrückgang von knapp 75 Prozent gegenüber 2024 für deutsche Hersteller bedeuten. Zulieferer sind im Vergleich etwas resilienter aufgestellt – sie befinden sich vielerorts bereits seit Jahren im Krisenmodus und haben dadurch früher und konsequenter Effizienz- und Anpassungsmaßnahmen umgesetzt.
„Die Gefahr ist real: Wenn wir jetzt nicht handeln, verlieren wir in Deutschland nicht nur Marktanteile, sondern auch einen entscheidenden Teil unserer industriellen Basis“, warnt Simon Schnurrer, Partner bei Oliver Wyman. „Marken, Produktqualität und Service sind noch immer starke Assets deutscher OEMs – aber das allein reicht nicht mehr, um in einem von geopolitischen Spannungen und Handelsbarrieren geprägten Umfeld zu bestehen.“
Die Studie fordert einen radikalen Strategiewechsel der deutschen Autoindustrie zusätzlich zu klassischen Sparprogrammen. Nötig sind:
- Rückkehr zur globalen Innovationsführerschaft: Deutsche OEMs gehören zwar zu den größten Investoren im Bereich Forschung und Entwicklung (F&E), gelten jedoch nicht als Innovationstreiber. Künftig müssen Innovationen schneller, günstiger und qualitativ besser und aus den Unternehmen selbst heraus kommen – mit kürzeren Entwicklungszyklen, gezielterem Mitteleinsatz und klarer Priorisierung zukunftsweisender Technologien.
- Fundamentaler Umbau: Wertschöpfungstiefe, Produktlebenszyklen und Strukturen müssen neu gedacht werden. Modularisierung und schlankere Prozesse sind entscheidend, um Geschwindigkeit und Effizienz zu steigern. Komplexität muss reduziert werden.
- Regionale Wertschöpfung: OEMs können nicht mehr primär aus Deutschland bzw. Europa heraus agieren. Nähe zu Kunden, lokale F&E, regionale Steuerung und Produktion werden unerlässlich. Nur im Luxus- und Performance-Segment bleibt ein global zentralisierter Ansatz erfolgsversprechend.
- Neue Wachstumsmärkte: Während in China, der EU und den USA rückläufige Absätze drohen, eröffnen aufstrebende “kleine” Märkte Chancen. Wer hier frühzeitig präsent ist und Produktportfolios auf lokale Bedürfnisse anpasst, kann neue Wachstumsquellen erschließen.
„Auch Zulieferer müssen sich konsequent an den Strategien ihrer Schlüsselkunden ausrichten“, so Schnurrer. „Die Politik sollte mit Investitionen, Steueranreizen und Bürokratieabbau unterstützen und dabei Subventionen oder neue Handelshemmnisse meiden. Deutschland muss jetzt in den Angriffsmodus schalten – Wirtschaft, Politik und Gesellschaft gemeinsam. Denn das Zeitfenster schließt sich schnell.“
Über die Studie:
Die Grundlage der Studie ist eine umfassende Szenarioanalyse, in der Oliver Wyman mögliche Handelsbarrieren in den USA, eine zunehmende wirtschaftliche Abschottung Chinas sowie daraus resultierende Auswirkungen auf das globale Bruttoinlandsprodukt berücksichtigt hat. Basierend auf diesen Szenarien wurde der erwartete Nachfragerückgang für PKW weltweit ermittelt und daraus der Volumeneffekt für die Automobilproduktion berechnet. Im Anschluss wurden die Auswirkungen auf Umsatz, Profitabilität und Beschäftigung deutscher OEMs quantifiziert. Neben den Szenarien enthält die Studie auch Vorschläge für eine fundamentale Neuausrichtung deutscher Unternehmen.
Über Oliver Wyman
Oliver Wyman, ein Unternehmen von Marsh McLennan (NYSE: MMC), ist eine weltweite Strategieberatung, die fundierte Branchenkenntnisse mit spezialisiertem Fachwissen kombiniert, um Kunden bei der Optimierung ihrer Geschäfte, der Verbesserung ihrer Abläufe und der Steigerung ihrer Leistung zu unterstützen. Marsh McLennan ist weltweit marktführend in den Bereichen Risiko, Strategie und HR und berät mit seinen vier Unternehmen Marsh, Guy Carpenter, Mercer und Oliver Wyman Kunden in 130 Ländern. Mit einem Jahresumsatz von 24 Milliarden US-Dollar und mehr als 90.000 Mitarbeitenden bringt Marsh McLennan verschiedene Perspektiven zusammen und unterstützt Kunden dabei, ihre Ziele zu erreichen. Für weitere Informationen besuchen Sie uns auf oliverwyman.com und folgen Sie uns auf LinkedIn und X.
Pressekontakt:
Dr. Davina Zenz-Spitzweg
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