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Von Dr. Mario Hörig, Giammaria Famiglietti, Dr. Florian Ketterer, Mario Zacharias, Daniel Teetz, Robin Degezelle

Wie lassen sich Nachhaltigkeitsrisiken in die quantitative Risikomessung unter Solvency II integrieren?

Der Klimawandel steht nach wie vor im Zentrum der politischen Aufmerksamkeit. Durch die EU-Kommission ins Leben gerufene Maßnahmen und Initiativen hinsichtlich der Ökologisierung des Finanzsystems („Greening the Financial System“) haben dazu geführt, dass Finanzaufsichten Klimarisken für Banken und Versicherungen stärker in den Blick nehmen.

In jüngsten Publikationen haben Aufsichtsbehörden wenig Zweifel daran gelassen, dass von Versicherern erwartet wird, Nachhaltigkeitsrisiken auch im Rahmen von Säule-II-Anforderungen (ORSA) proaktiv anzugehen. Dabei sind nicht nur die unmittelbaren physischen Risiken, die sich aus den potenziell veränderten Klimabedingungen ergeben im Blick, sondern auch sogenannte Übergangsrisiken („Transition Risks“), die der Umschwung hin zu einer klimafreundlicheren Wirtschaft auf das Investmentumfeld haben kann. Es stellt sich jedoch die Frage, wie solche Übergangsrisiken im Rahmen von Solvency II-Berechnungen genau quantifiziert werden sollen.

In dieser Publikation stellen wir einen praxistauglichen Ansatz zur Quantifizierung von Asset-Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel vor. Dieser Ansatz eignet sich vor allem zum Gebrauch im Rahmen von ORSA-Berechnungen. Kernstück dieses Ansatzes sind szenariobasierte, vorausschauende Bewertungsmethoden, welche in der Lage sind, die Auswirkungen verschiedener Klimapolitik-Szenarien auf zentrale Anlageklassen zu übersetzen. Besonderes Augenmerk bei diesem Ansatz liegt in der Möglichkeit zur effektiven Implementierung in bestehende Prozesse. Dabei greifen wir sowohl für Szenariokonstruktion als auch für Risikoquantifizierung auf leicht verfügbare Datenquellen zurück.

In einer Fallstudie demonstrieren wir nicht nur die Praxistauglichkeit unseres Ansatzes, sondern auch die potenziell materiellen Auswirkungen auf die Bedeckungsquote eines typischen Versicherers. Unter Annahme einer repräsentativen Asset-Allokation untersuchen wir die Auswirkungen von verschiedenen Klimapolitik-Szenarien auf die Bedeckungsquote dieses Versicherers. Anhand der Ergebnisse lässt sich feststellen, dass die Auswirkungen in der Tat materiell, aber durchaus beherrschbar sind. Weiterhin wird auch gezeigt, dass sich das Risiko durch eine klimafreundlichere Investmentstrategie stark mitigieren lässt.

Die Quantifizierung von Nachhaltigkeitsrisiken wird bei der Weiterentwicklung der regulatorischen Anforderungen unter Solvency II eine zunehmend wichtige Rolle spielen. In diesem Kontext ist für den Regulator vor allem auch die branchenweite Bewertung von Nachhaltigkeitsrisiken von zentraler Wichtigkeit. Versicherer sollten sich auf diese neuartigen Anforderungen angemessen einstellen – sowohl hinsichtlich ihrer Risikoexposition als auch der prozessualen Integration.

Ergebnisse unserer Fallstudie für die Bedeckungsquote eines generischen Lebensversicherers unter einem schwächeren und einem stärkeren Klimapolitik-Szenario