// . //  Publikationen //  Dekarbonisierung – der 8.000er für EVUs

Die Energiewirtschaft in Deutschland hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von grundlegenden Herausforderungen meistern müssen und dabei immer wieder neue Gipfel erklommen. Dazu zählen die Deregulierung, der Kernkraftausstieg, die Energiewende und die Digitalisierung.

Mit der Dekarbonisierung und mit dem Ziel der Klimaneutralität türmt sich vor der Energiewirtschaft nun der nächste 8,000er auf. Es hängt wesentlich vom Handeln der Energiewirtschaft ab, ob Deutschland bis 2045 klimaneutral wird. Denn ihr Anteil am gesamten CO2-Ausstoß des Landes liegt bei 37% (
Stand 2019).


Die vorliegende Analyse zeigt, wie weit die Energieversorger in Deutschland auf ihrem Weg zum Gipfel der Klimaneutralität bereits sind und welche Etappen noch vor ihnen liegen. Wir haben dazu den Status quo und die Dekarbonisierungsagenda (inkl. des CO2-Fußabdrucks) ausgewählter Energieversorger untersucht und Unterschiede herausgearbeitet. Die Analyse umfasst die gesamte Wertschöpfungskette und Versorger aus drei Größenklassen – Nationale und überregionale Versorger werden genauso berücksichtigt wie große Regionalversorger und Stadtwerke sowie mittlere und kleine Regionalversorger einschließlich entsprechender Stadtwerke.


Diese Analyse konzentriert sich auf die Themen Strategie, Erzeugung, Handel, Netze sowie den B2C- und B2B-Vertrieb und umfasst damit die branchenüblichen Tätigkeiten der Energieversorger. Bei den einzelnen Themen werden sowohl qualitative als auch quantitative Fragestellungen untersucht.

Die Analyse betrachtet insgesamt 24 EVUs aus drei Größenclustern. Fünf EVUs zählen zur Kategorie der überregionalen Versorger. In die zweite Gruppe der großen Regionalversorger fallen acht Unternehmen. Die verbleibenden elf EVUs zählen zum Cluster der kleinen und mittleren Regionalversorger. In allen drei Gruppen gibt es Unternehmen, die einzelne Wertschöpfungsstufen nicht abbilden und in dieser Kategorie daher nicht bewertet werden.

Die quantitativen und qualitativen Informationen zu den einzelnen EVUs basieren auf öffentlich zugänglichen Informationen und wurden je Kategorie über fünf bis elf Einzelfragen erfasst. Basierend auf einer Normierung über industrieübergreifende Best-Practices werden je Frage zwischen 1 (nicht nachhaltig) und 10 (sehr nachhaltig) Punkte vergeben. Wenn zu einer Frage keine öffentlich verfügbaren Informationen vorlagen, erfolgte keine Bewertung. Im Gegenzug wurden Bonusfragen ergänzt, die positiv in den Gesamtscore einfließen, wenn einzelne Unternehmen außerhalb ihres Tätigkeitsbereiches nachhaltig handeln.

Die Auswertung gewichtet die Fragen unterschiedlich, je nach Einfluss auf Umwelt- und Klimaschutz sowie den Informationsgehalt der vorliegenden Daten. Somit berechnet sich für jeden Energieversorger und jede Gruppe von Energieversorgern ein vergleichbarer Score je Wertschöpfungs-Kategorie. Wertschöpfungsstufen, in denen einzelne Unternehmen nicht tätig sind, wurden aus der Bewertung ausgeschlossen. Die Teilnehmer wurden somit nicht im Gesamtscore schlechter bewertet.


Auf dem Weg zum Gipfel der Klimaneutralität: Die Hälfte der Strecke geschafft

Unsere Analyse zeigt: Wenn Klimaneutralität und eine vollständige Dekarbonisierung der Gipfel sind, dann befinden sich Deutschlands Energieversorger derzeit im Base Camp. Rund die Hälfte des Weges ist geschafft.

Allerdings gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Anbietern. Das zeigt bereits ein Blick auf den Anteil erneuerbarer Energien am Stromabsatz. Einige Player stehen hier mit einem Anteil von lediglich 7% noch ganz am Anfang, andere haben diesen Gipfel bereits mit einem Anteil von 72% erklommen. Im Median liegt diese Größe allerdings nur bei 24%.

Wie groß der Anteil erneuerbarer Energien bei den einzelnen Anbietern ist

Emissionen durch Stromlieferung
Spezifischer CO2-Ausstoß in gCO2/kWh

Alle Teilnehmer der Studie verfolgen langfristig ambitionierte Ziele. 60% der Teilnehmer nennen ein konkretes Jahr für das Erreichen der Klimaneutralität. 84% wollen hierfür den Anteil Erneuerbarer Energien ausbauen. 76% wollen in E-Mobilität investieren und 40% in die Wasserstoffwirtschaft. Als weitere konkrete Maßnahmen auf dem Weg zur Klimaneutralität nennen 36% den Abbau von fossilen Kraftwerken, 48% die Verbesserung der Energieeffizienz und 24% die Netzoptimierung sowie den Netzausbau.

Wenn diese Ziele und Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden, könnten die Energieversorger bis etwa zum Jahr 2029 ein Niveau von 50% des heutigen Ausstoßes (Scope 1 und 2) erreichen.

Emissionen von Scope 1 und 2 nach angegebenen Zielen
in Mio. t CO2

Klimaneutralität schon 2023 oder erst 2045?

Auch bei der Festlegung des Zeitpunkts bis zur Klimaneutralität gibt es keine geschlossene Seilschaft. Die einzelnen Player sind vielmehr über den gesamten Berg verteilt. Die ambitioniertesten Unternehmen wollen bereits 2023 am Ziel sein, ihre Ausgangsbasis liegt bei rund 200g CO2/kWh. Ganz unten am Berg stehen dagegen Unternehmen, die erst 2045 klimaneutral sein wollen. Ihr aktuelles Emissionsniveau liegt allerdings auch bei 400g CO2/kWh und müsste demnach rechnerisch um rund 10 bis 15g CO2 pro Jahr sinken. Eine Betrachtung der drei Gruppen zeigt, dass die überregionalen Versorger und großen Regionalversorger in der Regel die ambitionierteren Ziele verfolgen.

Um das Net-Zero-Ziel bei den Emissionen im Jahr 2050 zu erreichen, bräuchte es bei den analysierten Unternehmen eine weitere Reduktion um jährlich etwa 170 Mio. t CO2 – und das in der Branche selbst sowie in ihrer Lieferkette. Der tatsächlich notwendige Wert könnte allerdings deutlich höher sein, da weniger als ein Drittel der hier analysierten Unternehmen ihre Scope 3 Emissionen bislang veröffentlichen.

Zwischenfazit: Bei der Reduzierung der CO2-Emissionen braucht es branchenweit eine deutliche Beschleunigung.

Aber wie sieht es bei den einzelnen EVUs aus? Hier sind zwei Perspektiven interessant: Die Unterschiede zwischen den einzelnen Größenklassen und das Abschneiden entlang der Wertschöpfungskette.

Größere Unternehmen sind häufig weiter

Bei der Betrachtung der untersuchten Unternehmen entlang der Größenklassen sticht eine klare Korrelation zwischen Unternehmensgröße und dem Abschneiden im Index ins Auge.

Wo die Energieversorger auf dem Weg zur Klimaneutralität stehen

Betrachtung Entlang der Größenklassen

Im Durchschnitt schneiden nationale und überregionale EVUs hier deutlich besser ab als große Stadtwerke und Regionalversorger. Auf den hinteren Plätzen rangieren die kleinen und mittleren EVUs.

Besonders große Unterschiede gibt es bei der Strategie, der Erzeugung und den Netzen. Diese lassen sich zum einen durch die Größe und die umfangreicheren Veröffentlichungspflichten bei den am Kapitalmarkt aktiven Unternehmen begründen. Zum anderen wirkt sich an dieser Stelle der größere finanzielle Handlungsspielraum dieser Unternehmen für Pilotprojekte und eine grüne Transformation aus. Diese starteten sozusagen schon früh gut ausgestattete Expeditionen und bereiteten so den Weg, um das gesamte Unternehmen auf den Gipfel zu führen.

Bei kleineren EVUs ist der Handlungsdruck aktuell noch nicht so groß. Doch sie dürfen sich nicht zurücklehnen, sondern müssen zügig handeln und die Lücke zu den größeren Playern schließen, um keine nachhaltigen Wettbewerbsnachteile zu riskieren. Denn das gesellschaftliche Umfeld misst dem Thema CO2-Reduktion und Nachhaltigkeit ebenso eine immer höhere Bedeutung bei, wie auch Kapitalgeber dies mehr und mehr fordern.

Wertschöpfungskette: Strategie steht, Umsetzung läuft an

Betrachtung Entlang der Wertschöpfungskette

Beim Blick auf die Wertschöpfungskette fällt auf, dass relativ gesehen die übergreifend höchsten Bewertungen aus dem Bereich der Strategie kommen. Die Route auf den Gipfel ist also geplant und grundsätzlich abgesteckt.

Dabei sind insbesondere die bisherigen Ziele bei den überregionalen und großen Versorgern gut mit Maßnahmen hinterlegt. Beim Ambitionsniveau der primären Ziele gibt es dagegen noch Luft nach oben – die Ziele könnten noch höher gesteckt sein – genauso ist es somit auch bei den dahinterliegenden Maßnahmen. Es ist nicht überraschend, dass größere Unternehmen besser ausformulierte Strategien haben. Bei mittleren und kleineren Regionalversorgern besteht dagegen Aufholbedarf vor allem bei der Definition der erforderlichen Maßnahmen.

Im Vergleich zur Strategie ist in zur Strategie ist im Bereich Erzeugung aber auch beim B2B Vertrieb noch ein besonders weiter Weg zu gehen. Scores bei den Themen Handel, Netze und B2C Vertrieb befinden sich nahe am Gesamtmittel der Kategorien, also eher durschnittlich und somit auch mit Verbesserungspotenzial.

Beim Thema Erzeugung fällt positiv auf, wie gut überregionale Unternehmen Pilotprojekte antreiben. Der tatsächliche Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung ist jedoch noch ausbaufähig. Hier sticht keine Unternehmenskategorie besonders hervor (keine Kategorie erreicht mehr als eine mittlere Punktzahl).

Beim Thema Beschaffung verhält es sich ähnlich. Auch hier bewegen sich die analysierten Unternehmen bestenfalls im Mittelfeld. Hier wäre durchaus mehr möglich, zumal Angebote für grünen Strom im Marketing und der öffentlichen Wahrnehmung oft dominieren.

Somit gibt es schon viele gute Ansätze. Bei zwei der entscheidenden Hebel – Erzeugung und Beschaffung – bleibt jedoch ein erhebliches Verbesserungspotenzial. Damit einher geht der Anteil von erneuerbaren Energiequellen im Portfolio, insb. Power Purchasing Agreements (PPAs). Hier sind überregionale Unternehmen mit dedizierten Handelseinheiten in einer besseren Ausgangslage als die restlichen Player – aber auch für diese gilt es nun hier stärker aktiv zu werden.

Im Netzbereich besteht bei den Kernthemen „Netzausbau“ (Strom) und „intelligente Netze“ insbesondere bei regionalen Versorgern noch Handlungsbedarf, um die Voraussetzungen für die Dekarbonisierung zu schaffen. Die Energiespeicherkapazitäten dagegen sind branchenweit bereits gut ausgebaut.

Im Vertrieb gibt es insbesondere im Bereich B2B noch viele Chancen.Zwar verfügen die überregionalen Firmen hier bereits über gute Angebote für Prosumer und im Bereich der E-Mobilität. Die übrigen Versorger lassen hier aber noch viele Potenziale ungenutzt. Lokale Partnerschaften mit Kommunen und Industrieunternehmen können eine große Chance für etablierte Unternehmen sein, werden jedoch relativ wenig genutzt.

Positiv fällt das Engagement bei B2B-Energieberatungsdienstleistungen auf. Hier schneiden sowohl die großen als auch die kleinen und mittleren Regionalversorger deutlich besser ab, als die überregionalen Versorger. Der zunehmend wichtige Bereich B2B-Energiemanagementsysteme ist allerdings noch nicht sonderlich stark ausgeprägt.


Interviews

Fazit: Die Branche ist auf dem Weg. Nun braucht es Geleitschutz von der Politik

Wenn das Ziel der CO2-Neutralität der Gipfel ist, dann befindet sich die deutsche Energiewirtschaft aktuell im Base Camp. Die Strategie steht, der Weg ist beschrieben und der weitere Aufstieg kann beginnen. Aber wie auf jedem Berg gilt auch hier, dass die letzten Meter bis zum Gipfel die schwierigsten sind. Hier wird die Luft dünner, das Gelände unwegsamer und der Weg ist nicht immer klar ersichtlich. Um so wichtiger ist es jetzt die Schuhe fest zu schnüren und den Aufstieg konsequent anzugehen.

Damit die Bergtour gelingt, muss natürlich auch das Wetter mitspielen. Übertragen auf die Dekarbonisierung heißt das: Neben den Anstrengungen der EVUs muss auch die Politik ihren Beitrag leisten, um die Ziele zu erreichen:

  • Es braucht neue Ansätze, die mehreren Zielen gleichzeitig gerecht werden. Dazu zählen langfristige Preissignale, um die Attraktivität von Investitionen und auch Innovationen in Erneuerbare Energiequellen zu erhöhen. Genauso wichtig ist es, die effiziente und kurzfristige Einspeisung von Strom sicherzustellen und für ausreichend Flexibilität und einen Mix aus regenerativen Technologien zu sorgen.
  • Zu erreichen wäre dies beispielsweise durch eine Festlegung auf klare (erhöhte) Ausbauziele entsprechend des EU-Klimaziels und feste Strommengenziele für erneuerbare Energien.
  • Eine stärkere Bürgerbeteiligung und höhere finanzielle Anreize können helfen, die dezentrale Versorgung mit erneuerbaren Energien zu verbessern.
  • Auch nach der Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, die unter anderem Power Purchase Agreements, die Beteiligung der Kommunen beim Ausbau der Windenergie und die Eigenversorgung erleichtern, sind weitere Vorstöße denkbar, die die Planung und Genehmigung von Anlagen, insbesondere im Hinblick auf Repowering, beschleunigen.
  • Eine langfristige Erhöhung des CO2-Preises würde volkswirtschaftliche Anreize für eine stärkere Nachfrage nach Strom und Wärme aus erneuerbaren Energien durch Verbraucher setzen.

Sieben Handlungsempfehlungen: damit EVUs möglichst schnell und sicher zum Gipfelkreuz gelangen

  1. Konsequente Dekarbonisierung in der Erzeugung und Handel
    • • Relevantester Hebel, da Erzeugung die größte Primärquelle für CO2-Emissionens ist
    • • Nicht nur Strom, sondern auch grüne Wärmeproduktion steht im Fokus
    • • Notwendigkeit einer klaren Strategie, um „Stranded Assets“ zu minimieren
  2. Zielgerichtete Ausweitung des Angebots von B2C und B2B Dekarbonisierungslösungen
    • • Hohes Marktpotenzial durch hohen Bedarf an B2C- und B2B-Lösungen zur Dekarbonisierung
    • • B2B: Häufig fehlende Kompetenzen zur erforderlichen Reduktion der CO2-Emissionen
    • • B2C: Große Bedeutung für Endverbraucher, die bereit sind, höhere Kosten zu zahlen
  3. Klare Stakeholder-Kommunikation nach Außen
    • • Festsetzung eindeutiger Ziele und einer klaren Marschrichtung
    • • Kommunikation an externe Stake- und Shareholder und damit auch Sicherstellung der Anforderungen für den ungehinderten Zugang zu Finanzierungsmitteln
  4. Systematische Nutzung der Digitalisierung
    • • Realisierung von (dezentralen) Lösungen nur durch konsequente Digitalisierung möglich
    • • Schaffung der notwendigen Grundlagen essentiell zur erfolgreichen Implementierung (z.B. Aufbau einer modularen IT-Architektur zur systematischen Anbindung von Partnern)
  5. Nachhaltiger Kulturwandel und Mindset-shift nach Innen
    • • Ziele auch konsequent nach innen tragen und die Mitarbeiter für diese gewinnen, um den Kulturwandel zu realisieren
    • • Dazu systematische Beteiligung am Zielsetzungsprozess sicherstellen sowie Ziele so herunterbrechen, dass diese für den Einzelnen verständlich und in der täglichen Arbeit umsetzbar werden
  6. Stringente Verankerung in Steuerung und Governance
    • • Fortschritt beim Erreichen der Dekarbonisierungsziele im Rahmen der Steuerungsgrößen erfassen und damit den oftmals rein finanziellen Rahmen konsequent erweitern
    • • Stärkere und spürbare Verknüpfung der Dekarbonisierung mit den persönlichen / individuellen Zielen herstellen, um der Umsetzung Nachdruck zu verleihen
  7. Unterstützung durch Transformationsroadmap
    • • Übergreifende Transformationen sind notwendig, um die gesteckten Ziele sowohl nach außen als auch nach innen zu erreichen
    • • Dazu Roadmaps mit klaren Meilensteinen definieren und deren Umsetzung konsequent nachhalten

Strategie: Aufholbedarf der kleineren Anbieter

Insgesamt erreichen deutsche EVUs beim Thema Strategie einen Score von knapp über 6 von 10.

Die überregionalen Versorger schneiden am besten ab. Ihr Score liegt bei 7,9, gefolgt von den großen Regionalversorgern mit 6,3 und den mittleren und kleinen Regionalversorgern mit 5,1

Zwar ist die Reihenfolge nicht überraschend, doch sind die Differenzen größer als erwartet.

Für die überregionalen Versorger besteht noch Optimierungspotential beim Ambitionslevel der Strategie (7,2) – die Ziele könnten noch ambitionierter gesteckt werden. Diese ist dann jedoch relativ gut mit konkreten Maßnahmen hinterlegt (8,4).

Insbesondere große Regionalversorger haben signifikanten Aufholbedarf. Hier ergibt sich ein ähnliches Muster mit einem Ambitionslevel der Strategie bei nur 6,3, und einem Score für die Maßnahmenbeschreibung von 7,8.

Die Themen Biodiversität und Lieferkette, die es bei den überregionalen Versorgern auf die Agenda geschafft haben (8,0 für Biodiversität, 8,4 für Lieferkette), sind bei großen Regionalversorgern im Schnitt noch sehr wenig ausgeprägt (beide Kategorien mit Score unter 6).

Mittlere und kleine Regionalversorger befinden sich mit einem Score von 6,1 in einem ähnlichen Stadium in der Ausprägung des Ambitionslevels der Strategie wie größere Regionalversorger, jedoch klafft hier eine klare Lücke zwischen Ambition und klar definierten Maßnahmen (Score von nur 4,9).

Zudem hinken mittlere und kleine Regionalversorgern deutlich hinterher bei den Themen Nachhaltigkeitsbericht (5,4) und Nachhaltigkeit in der Lieferkette (3,0).

Erzeugung: Ein komplexes und zum Teil ernüchterndes Ergebnis

In der Kategorie „Erzeugung“ liegen die überregionalen Firmen wie bei der Strategie vorn (6,6 von 10), gefolgt – mit etwas Abstand – von den großen Regionalversorgern (4,8) und den mittleren und kleinen Regionalversorgern (3,3).

Der Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung ist durchgehend relativ niedrig.

Die großen Regionalversorger erreichen hier den besten Wert. Er liegt, jedoch nur bei 5,8 von 10.

Knapp dahinter liegen mit 5,5 die überregionalen Versorger, und deutlich dahinter die mittleren und kleinen Regionalversorger mit 4,0.

Damit herrscht bei allen Unternehmensgruppen ein signifikanter Aufholbedarf.

Nicht überraschend: Ein ähnliches Muster ergibt sich beim Portfolio an PPAs für erneuerbare Energien (EE).

Hier sind überregionale Versorger mit einem Score von 6.5 am besten aufgestellt, gefolgt von den großen Regionalversorgern (3,5). Bei mittleren und kleinen Regionalversorgern findet sich dieses Thema bislang kaum (1,5).

Es erfordert weitreichende Veränderungen, um den aus volkswirtschaftlicher Sicht notwendigen, wenn auch ambitionierten Zielen, gerecht zu werden.

Ein positiver Aspekt zum Schluss: Es gibt bei den überregionalen Versorgern ein hohes Maß an Aktivität bei Pilotprojekten rund um die Erzeugung von Strom und Wärme mit erneuerbaren Energien – der Score liegt bei 9,0, da diese Unternehmen offenkundig (auf Grund Ihrer Größe und Investitionsfähigkeit) eine besondere Rolle einnehmen müssen

Handel & Beschaffung: Kleine haben die Nase bei erneuerbaren Energien vorn.

Beim Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromlieferung schneiden die mittleren und kleinen Regionalversorger mit 5,6 am Besten ab.

Dahinter liegen große Regionalversorger mit 4,3 und überregionale Versorger mit 3,2.

Bei den Scope 3 Emissionen liegen überregionale und große Regionalversorger mit 6,3 und 6,0 nah beieinander. Von den kleinen und mittleren Regionalversorgern veröffentlicht keines der in der Studie betrachteten Unternehmen ausreichende Informationen für ein Scoring.

Übertragung & Netz: Große Versorger können punkten

In der Kategorie Übertragung und Netz zeigt sich eine hohe Bandbreite insbesondere bei den Fragen zum zukunftsorientierten Ausbau intelligenter Strom- und Gasnetze.

Überregionale Versorger können bei diesen Themen sowie bei Pilotprojekten zur lokalen Einbindung und Optimierung von Erneuerbaren und Angeboten für Einspeiser mit Scores zwischen 7,3 und 8,9 punkten.

Große Regionalversorger können lediglich bei Investitionen in erhöhte Energiespeicherkapazitäten und Angeboten für Einspeiser mithalten. Bei den übrigen Fragen im Bereich Übertragung und Netz liegen sie aber deutlich hinter den überregionalen Versorgern.

Kleine und mittlere Regionalversorger sind in bei der Investition in erhöhte Energiespeicherkapazitäten mit 7,3 gleichauf, blieben in den übrigen Fragen mit Scores zwischen 2,4 und 6,4 aber erneut hinter den größeren EVUs.

B2C Vertrieb: Noch fehlen flächendeckende innovative Angebote

In der Kategorie B2C liegen die Energieversorger in etwa im Schnitt des Gesamtindizes (5,4), wobei die Größe der Unternehmen an dieser Stelle ein wichtiger Einflussfaktor ist. Die überregionalen Versorger (6,7) schneiden deutlich besser ab als große Regionalversorger (5,4) sowie mittlere und kleine Regionalversorger (5,1).

Insbesondere das Angebot an Energieberatungsleistungen sticht in allen drei Gruppen heraus; der Score liegt bei 8,1. Mittlere und kleine Energieversorger können hier punkten, da sie einen direkten Kontakt zu ihren Kunden suchen und durch ihr Know-how über den Standort gezielter beraten können.

Die größten Unterschiede zeichnen sich bei Smart-Home Angeboten sowie bei der Förderung des Nachhaltigkeitsbewusstseins der Kunden ab. Hierbei schneiden kleine und mittlere EVUs mit einem Score von 2 bis 3 deutlich schlechter ab als überregionale Versorger mit 7 bis 8. In beiden Bereichen bieten die überregionalen Versorger meist schon Lösungen in Form einer App oder eines Programms, bei den regionalen Anbietern ist dies eher selten der Fall. Bei der Förderung des Nachhaltigkeitsbewusstseins sind die überregionalen Energieversorger an der Spitze, da sie unter anderem Dialogforen mit Stakeholdern veranstalten, die sich mit dem nachhaltigen Bewusstsein von heute und morgen beschäftigen.

Beim Angebot von Energiemanagementsystemen sind die meisten der Anbieter unabhängig von ihrer Größe eher am Fuße des Berges (3,6).

Beim Thema nachhaltige Investmentangebote gibt es ebenfalls Entwicklungspotenzial, da viele EVUs kein Angebot für Ihre B2C Kunden vorweisen können oder keine Angabe zu dieser Frage machen können. Nur wenige Teilnehmer beispielsweise die ersten grünen Anleihen und bieten ihren Kunden die Möglichkeit, sich an Photovoltaikanlagen zu beteiligen, um damit die klimafreundliche Energieerzeugung in der Region zu unterstützen.

Auf der anderen Seite gibt es über das Cluster hinweg umfangreiche Angebote für Prosumer und E-Mobilität; der Score liegt bei 6 von 10. Immer beliebter werden Komplettlösungen aus Eigenerzeugungsanlage und Wallbox mit Speicheroption sowie erneuerbare Wärmelösungen.

B2B Vertrieb: Gute Noten für die Beratung von Unternehmen

In der Kategorie B2B bleiben die EVUs mit einem Score von 5,1 etwas unterhalb des Durchschnitts des Indizes.

Ähnlich wie im Bereich B2C ist auch im B2B Bereich die Größe ein Einflussfaktor für das Abschneiden im Scoring. Dabei schneiden überregionale Versorger (6,4) etwas besser ab als große Regionalversorger (5,4), sowie mittlere und kleine Regionalversorger (4,6).

Die höchsten Punktwerte gab es bei Beratungsdienstleistungen (7,7). Am besten schnitten hier die großen regionalen EVUs (8,9) und kleinen/mittleren EVUs (8,3) ab. Überregionale Versorger erreichten immer eine 6,0. Die großen regionalen EVUs konnten punkten, da sie persönlich auf ihre Geschäftskunden eingehen, mit Vor-Ort Begehungen und detailreichen energetischen Analysen von Gebäuden und Anlagen.

Hinsichtlich möglicher Partnerschaften zwischen Energiewirtschaft und Industrie ist der Umfang überschaubar. Noch etwas seltener werden öffentliche Partnerschaften genutzt (3).

Sehr unterschiedlich ist das Angebot im Prosumer-Bereich, hier liegen überregionale Versorger weit mit einem Score von 8,5 weit vorn. Das Angebot große, mittlere und kleine Versorger ist dagegen eher gering.

Bei Zukunftsthemen wie E-Mobilität und IoT gibt es bei vielen Teilnehmern bereits Initiativen. In Sachen E-Mobilität sind Angebote für E-Ladelösungen in Betrieben beliebt., Diese werden oft auch mit einer Erzeugungsanlage angeboten, um die Fahrzeuge mit selbst produzierten Ökostrom zu speisen. Installation und Inbetriebnahme werden oft von den Energieversorgern selbst übernommen. Die EVUs unterstützen auch Kommunen bei der Verkehrswende. Das gilt beispielsweise für den Bau einer Ladeinfrastruktur oder E-Carsharing-Lösungen. Zusätzlich bieten sie die systematische Elektrifizierung von Firmenflotten an. Sie berücksichtigen hierbei die aktuellen Fahrprofile der Unternehmen und identifizieren so die zu ersetzenden Fahrzeuge.

Rund um das Internet der Dinge investieren Energieversorger bereits in den Aufbau von Energieoptimierungs- und Monitoringsystemen sowie dedizierte IoT-Plattformen. Hinzu kommen Lösungen für virtuelle Kraftwerke und Smart City-Anwendungen.

Nachhaltigkeit in weiteren Bereichen: Noch weit von der Klimaneutralität entfernt

Bislang gibt es nur wenige Initiativen zur Reduzierung der Emissionen in weiteren Bereichen; die Punktzahl liegt bei rund 3. Der Fokus liegt hier auf Maßnahmen zu Modernisierung von Gebäuden und der Fahrzeugflotte. Dazu zählt beispielsweise die Ausstattung von Betriebsgebäuden mit Photovoltaikanlagen, die zumindest teilweise Umstellung auf elektrisch betriebene Fahrzeuge, die Reduzierung der firmeninternen Energieverbräuche und Abfälle, die Kompensierung von Flugreisen, die Unterstützung zur Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs und von Fahrrädern sowie der Bezug des eigenen Strombedarfs aus Ökostrom.


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